Eine Glosse über Satiriker und Giftspritzer
B B B – so beginnt das Alphabet der deutschen Meinungsmache. „Brigitte Bardot bumsen“ hielt ich in jungen Jahren noch für Satire – naive Zeiten, in denen Alliterationen und Fäkalhumor als Gipfel des Witzes galten. Aber spätestens bei Bonn / Baden-Baden / Berlin wird es ernst. Diese drei Städte prangen auf meiner Visitenkarte – berufliche Stationen zwischen Rhein und Spree, zwischen Regierungsvierteln und Medienlandschaften. Genug Zeit und Gelegenheit also, um zu beobachten, wie hier der Kampf um die Deutungshoheit zwischen echten Satirikern und bloßen Giftspritzern tobt.
Das Trio Infernale der deutschen Medienwelt – Bosetti, Böhmermann, Broder – liefert täglich Anschauungsunterricht dafür, wie dünn die Grenze zwischen beißendem Witz und billiger Polemik sein kann. Sarah Bosetti etwa klassifizierte Impfverweigerer kurzerhand als „Blinddarm, der weg kann“. Jan Böhmermann feierte seinen endgültigen Durchbruch mit der poetischen Würdigung des türkischen Präsidenten als „Ziegenficker“. Und Henryk Broder befand über Greta Thunberg: „Eine seelisch gestörte Göre, die von ihren Eltern missbraucht wird.“
Moment mal – ist das noch Satire oder schon Cybermobbing mit Öffentlich-Rechtlichen Sendeplatz?
Die Unterscheidung ist eigentlich simpel: Echte Satiriker betreiben konstruktive Kritik. Sie kontextualisieren, entlarven Manipulationen und halten der Gesellschaft den Spiegel vor – manchmal schmerzhaft, aber immer mit dem Ziel der Aufklärung. Giftspritzer hingegen praktizieren destruktive Kritik. Ihr Handwerk ist die Rufschädigung, ihr Publikum der Mob, ihre Währung der Shitstorm.
Wo Satire zum Nachdenken anregen will, zielt die Giftspritze aufs Niedermachen. Wo Humor Brücken baut, reißt Häme Gräben auf. Wo der Satiriker das System kritisiert, greift der Giftspritzer die Person an.
Das Problem unserer Zeit: Die Grenzen verschwimmen. In einer Gesellschaft, die den Like-Button für ein Argument hält und den Retweet für einen Beleg, mutiert jeder Besserwisser zum Comedian und jeder Comedian zum Tribunal. Das Publikum applaudiert, solange die „richtige“ Seite getroffen wird.
Dabei wäre die Unterscheidung so einfach: Satiriker wollen die Welt verstehen, Giftspritzer wollen sie vernichten. Die einen dekonstruieren Macht, die anderen konstruieren Hass. Satiriker fragen „Warum?“, Giftspritzer schreien „Weg damit!“
Vielleicht sollten wir uns öfter fragen: Lachen wir noch über etwas – oder schon über jemanden? Denn zwischen diesen beiden Präpositionen liegt der ganze Unterschied zwischen Kunst und Kunstfehler.
B B B – am Ende bleibt die Frage: Wer von den Dreien ist Satiriker, wer Giftspritzer? Die Antwort überlassen wir dem geneigten Publikum. Denn nichts ist demokratischer als das Recht auf die eigene Meinung – und nichts gefährlicher als das Recht auf die eigene Wahrheit.
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