Z E I T E N E N D E

Monat: Juni 2022

Von den Barrikaden zum Grundgesetz

Ein 68er zwischen Vietnamprotesten und Corona-Spaltung

Hofgarten Wiese, Bonn • 23. Juni 2022

„Man muss auf die Straße gehen, um seine Selbstachtung zu behalten“ – so fasst ein Zeitzeuge der 68er-Bewegung seine Motivation zusammen. Auf der geschichtsträchtigen Wiese vor der Bonner Universität erzählt er von seinem Weg vom Vietnamkriegs-Protest bis zu den gesellschaftlichen Verwerfungen der Corona-Zeit.

Damals wie heute: Der Kampf um die Demokratie

1968 gingen sie gegen Bombenteppiche und für Aufklärung auf die Straße. Heidelberg war die Logistikzentrale für den Vietnamkrieg, die Polizei noch von „echten Nazis“ geführt. Heute sieht der ehemalige Student erschreckende Parallelen: gesellschaftliche Spaltung, Diffamierung Andersdenkender, und die Gefahr einer „Totalüberwachung, wie es sie noch nie gegeben hat.“

Wenn Freunde zu Fremden werden

Das Schmerzhafteste an der Corona-Zeit? Als die eigene Tochter Angst hatte, der Vater könnte zum „Verschwörungstheoretiker“ werden. Wenn rationale Argumente plötzlich als Feindseligkeit wahrgenommen werden und langjährige Freundschaften zerbrechen.

Zwischen Hoffnung und Resignation

„Wir waren damals sicher 10%, wenn nicht sogar 20% der Gesellschaft“ – heute fragt er sich, ob der Kern derer, die Demokratie und Aufklärung hochhalten wollen, nicht geschrumpft ist. Dennoch bleibt er optimistisch: Wenn die kritische Masse erreicht ist, kann auch eine ganze „Herde“ plötzlich ihre Richtung ändern.

Ein Interview über Generationenkonflikt, demokratische Traditionen und die Frage: Wie diskutiert man mit Andersdenkenden, ohne Freunde zu verlieren?


Aufgezeichnet im historischen Hofgarten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo bereits Generationen von Studenten für ihre Überzeugungen eingetreten sind.

Am Sinzheimer Fischweiher

Die Morgensonne spiegelt sich im stillen Wasser, Vogelstimmen durchbrechen die Ruhe. Hier, zwischen Schilf und den ersten Seerosen des Sommers, kehren die Gedanken zu dem zurück, was wirklich zählt.

Ich fange wieder an zu zwitschern

wie diese Amsel. Man spürt die Freude, die durch diese unbändige Kreativität entsteht – das möchte ich mir wieder mal gönnen.

Die Freude entsteht durch die unbedingte Liebe zum Dasein, die das Ego vollständig entmachtet. Das Ego macht gerne die unbedingte Liebe lächerlich, bezweifelt ihre Existenz. Aber wessen Ego einmal im Licht der unbedingten Liebe verblasst ist, wurde eines Besseren belehrt. Das meinte Jesus, als er sprach: „Liebe deine Feinde“ oder „Werdet wie die Kinder“.

Die Kreativität der Kinder ist genau wie die Kreativität der Amsel ein Ausdruck der unbedingten Liebe. Dagegen ist die bedingte Liebe nur ein Deal des Egos: Es wird angezogen von den Dingen, die es stabilisieren, und abgestoßen von denen, die es destabilisieren. Das nennt es dann Liebe und Hass – dieses Management von Anziehung und Abstoßung.

Die Hauptaufgabe des Egos mit seinen Konzepten: durch Versuch und Irrtum, das heißt durch vergangene Erfahrung, die Zukunft berechenbar machen. Der Mensch lebt so permanent in einer Sphäre der Bestechlichkeit, abwechselnd von Liebe und Hass erfüllt. Er weiß nicht, warum er lebt, gelebt hat, wird unglücklich und zynisch durch den Verrat an seinem wahren Selbst und verdrängt den maximalen finalen Misserfolg, den der sichere Tod bedeutet.

So beendet er das Spiel des Lebens als maximaler Verlierer.

Es gibt aber genau eine Sache, die dem Leben einen allgemein gültigen Sinn gibt: die unbedingte Liebe.